Barbara Schinko: „Die Feengabe“
Die Grenzen zwischen der realen Welt und der Welt der Feen wird dünner. Mavie Bucharon, die Tochter des Gouverneurs von Dalin, ahnt, dass etwas passieren wird, als auf einmal das halbe Dorf beginnt, geheimniskrämerisch zu tun. Mitten in der Nacht schleicht sie sich zur Hütte des Geisterers, der, um den Bann gegen die Feen zu stärken, in einem Ritual ein Kätzchen opfern will. Mavie befreit das Tier – und setzt damit Dinge in Gang, die sie sich nie hatte vorstellen können. Ein Mädchen verschwindet – Mavies Schwester Stella.
Zusammen mit Sorley, dem Sohn des Abdeckers und Besitzer des geretteten Kätzchens, wagt Mavie den Schritt in die Welt der Fey, um mit ihrer Liebe ihre Schwester aus den Händen des Feenprinzen zurückzuholen.
Barbara Schinko zeichnet eine düstere, trügeriche Feenwelt voller Lügen, falscher Schönheit und gefährlicher Illusionen, und sie zeichnet diese Welt in phantastischen, poetischen, manchmal auch surrealistischen Bildern. Elphame, so der Name dieser Welt, ist nicht das, was man sich unter einer Feenwelt vorstellt – oder doch? Im Kampf gegen die kalte, schöne Feenkönigin und ihren besitzergreifenden Sohn, im Kampf um ihr eigenes Leben und das Sorleys entdeckt Mavie Geheimnisse, die ihr Leben auf den Kopf stellen und alles, was sie bisher geglaubt hat, in einem anderen Licht erscheinen lässt. Der Schluss lässt den Leser überrascht und zufrieden zurück.
„Die Feengabe“ beginnt wie ein Märchen, aber ein Kinderbuch ist diese Geschichte auf gar keinen Fall. Mystisch, spannend, poetisch, aufwühlend und stellenweise verwirrend ist dieses Buch ein Märchen eher für Jugendliche und junggebliebene Erwachsene, die sich fallenlassen können in eine komplett fremde, eine echte „Anderswelt“. Der Schreibstil ist flüssig, märchenhaft-poetisch, hin und wieder stolpert der Leser über ungewöhnliche Begriffe, die sich aber schnell aus dem Kontext ergeben. Man weiß nie ganz genau, in welcher Zeit die Geschichte spielt und wo genau die beschriebenen Orte – Suss und Dalin – liegen, aber gerade das gibt der Geschichte einen zeitlosen Charme. Vielleicht erinnert es ein wenig daran, dass auch die Menschen von heute die Macht der wahren, der eisernen Liebe nicht vergessen sollten und diese Liebe der silbernen, der flatterhaften und herzlosen Liebe der Feen vorziehen.
Zum Buch selbst: Das schön gestaltete Cover passt zu der verwunschenen Geschichte, die sich zwischen den Buchdeckeln des solide gearbeiteten Paperpacks auftut. Papier und Druck zeugen von guter Qualität.