Kategorie: Rezensionen
Buchkritiken
Sabrina Zelezný: Antayawar
„Antayawar“ – Kupferblut. Um Blutschuld geht es in dieser spannenden Novelle aus der Reihe „Gaias Schatten“, um Fremde, die nie ein Teil des kleinen Andendorfes Coimo waren, obwohl sie lange dort gelebt haben. Basilio und Arcadio, die beiden Brüder, wissen nicht, was sie erwartet, als ihr Vater sie nach Coimo auf den alten Familienbesitz schickt, um daraus ein rustikales Landhotel zu machen. Die Dorfbewohner begegnen ihnen ablehnend und misstrauisch, das Gerücht von Spuk auf der Hacienda geht um und die junge Mayra erzählt Geschichten, die Arcadio die Haare zu Berge stehen lassen. Doch er entschließt sich, der Sache auf den Grund zu gehen – und enthüllt ein schreckliches Familiengeheimnis. Nur eines kann den Fluch lösen, der auf der Hacienda und der alten Kupfermine liegt: Blut.
Sabrina Železný erzählt mit der ihr eigenen poetischen Sprache die Novelle um Arcadio, Basilio, Mayra und den mysteriösen Jungen Tito. Die Legenden und der Glaube der Andenvölker liegen ihr ebenso im Blut wie die Liebe zu Land und Leuten, und das merkt man als Leser bei jedem Wort. Ich habe dieses Buch geradezu inhaliert. Mehr davon!
Sabrina Zelezný: Kondorkinder – Der Fluch des Spiegelbuches
Ein weiterer Lesegenuss aus der Feder meiner Autorenkollegin Sabrina Zelezný: der zweite Teil der „Kondorkinder“.
Matteo wird bald sterben: Als er in der Bibliothek ein altes Buch an sich nahm, sprang ihn daraus ein Fluch an. Retten könnte ihn nur eine Reise nach Peru mit der Träumerin Malinka – zumindest behauptet das der geheimnisvolle Garcilaso. Zu Matteos Überraschung ist Malinka bereit, ihn zu begleiten. Denn auch ihr hat Garcilaso – im Traum – zu dieser Reise geraten, und sie ahnt, dass sie nur mit Matteo das wiederfinden kann, was sie einst in Peru verlor: Ihre Gabe des Geschichenerzählens. Schnell wird klar, dass das Buch aus der Bibliothek das legendäre Spiegelbuch ist, die Zuflucht der Verlorenen Geschichten.
Ein Wunderheiler unterzieht Matteo einem alten Ritual und erkennt, dass Malinka den Fluch nur lösen kann, wenn sie ihre Gabe zurückerhält. Dazu muss sie das Vertrauen einer ganz bestimmten Geschichte gewinnen – und begreifen, dass Geschichten wie Lebewesen sind.
So der Klappentext des zweiten „Kondorkinder“-Romans, der eine spannende Geschichte verspricht – und das zu Recht. Was wie ein Bericht über eine Reise kreuz und quer durch Peru beginnt, entwickelt sich zu einer aufregenden Suche für die beiden Protagonisten Matteo und Malinka, auf der beide nicht nur ihren Zielen, sondern auch einander immer näherkommen und am Ende sehr viel mehr finden als das, wonach sie gestrebt haben. Kondorkinder – der Fluch des Spiegelbuches erzählt die Geschichte zweier vollkommen unterschiedlicher Menschen, die mehr gemeinsam haben, als sie ahnen, es erzählt von vergessenen Legenden und verschütteten Gaben, von Vertrauen, von Intrigen und wundersamen Wendungen. Am Ende wünscht man sich, noch mehr Zeit an der Seite von Malinka und Matteo verbringen zu können, mit ihnen zu zittern, zu hoffen, zu weinen und zu lachen. Es ist ein Buch für Autoren, die aus leidvoller Erfahrung wissen, wie sich eine Schreibblockade anfühlt, für Träumer, die in die Welt ziehen wollen, für alle, die schon immer einmal wissen wollten, was eine Geschichte denn eigentlich ist: ein wildes Tier, das man nicht zähmen, aber dessen Vertrauen man gewinnen kann.
Wie schon im ersten Kondorkinder-Buch spürt man auch hier die Liebe der Autorin zu Peru, zu seinen Legenden, den großartigen Landschaften, den Menschen. Sabrina Zelezný malt ihr Peru mit Worten, die so bunt und schillernd sind wie Kolibrifedern, so lebendig wie Cumbia-Musik. Wer noch niemals in Peru war, verspürt nach dem Lesen den unbändigen Wunsch, all das mit eigenen Augen zu sehen, was „Kondorkinder – der Fluch des Spiegelbuches“ beschreibt.
Der Abschied fiel schwer – genau wie bei dem ersten Teil der „Kondorkinder“ (Die Suche nach den verlorenen Geschichten).
Beide Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden, aber das ganze Bild wird erst sichtbar, wenn man beide Bücher liest.
Sarah König: „Ferdinand von Schnatter der Viertelnachzweite“
Was ist ein Schnatter?
Darauf wissen wohl nur Kasper und seine Freundin eine Antwort, denn in einem verschneiten, kalten November finden beide unabhängig voneinander eines dieser entfernt an ein plüschiges, niedliches Schnabeltier erinnernden Wesen, die beider Leben ganz schön durcheinanderbringen und für jede Menge Trubel sorgen. Einst waren Schnatter und Menschen dicke Freunde, bis zu dem Tag, an dem die Königin der Schnatter, Bernadette, einen Schlussstrich zog – denn die Menschen hatten begonnen, die intelligenten Schnatter für Haustiere zu halten und auch so zu behandeln. Doch wie kommt ein Schnatter in die Menschenwelt? Weil er neugierig ist, neugierig wie ein Sack Flöhe und noch schwerer zu hüten, was Kasper feststellen muss, als Ferdinand seine Wohnung verwüstet.
Sarah Königs Erstlingswerk ist eine zauberhafte Geschichte für Groß und Klein, ein Buch, das an das Gute in der Welt glauben lässt und ein wenig nach Weihnachten und einer glücklichen Kindheit duftet. Vordergründig ein liebevoll erzähltes Märchen, hintergründig eine Geschichte um Liebe, Freundschaft und Respekt – auch vor dem so ganz Fremden. Wer wieder mal ein einfach nur schönes Buch lesen möchte und dabei ein bisschen träumen möchte, dem sei Ferdinand von Schnatter ans Herz gelegt.
Abgerundet wird das Buch von den rührenden, witzigen Illustrationen des Zeichners Jascha Buder, der es geschafft hat, die Schnatter mit einem humorvollen Augenzwinkern und viel Gefühl in Szene zu setzen. Nur eins sei gesagt, liebe Kinder: Klowasser schmeckt nicht nach Zitrone. 🙂