Katharina Seck: Tochter des dunklen Waldes

Dass Fantasy nicht nur leichte Kost ist, sondern tiefsinnig sein kann und sehr aktuelle Probleme anpackt, zeigt Katharina Seck mit ihrem phantastischen Roman „Tochter des dunklen Waldes“.

Der Roman erzählt die Geschichte der jungen Lilah, die sich ihrem friedlichen Dorf Grünweite zwar verbunden weiß, aber immer das Gefühl in sich trägt, nicht wirklich, nicht ganz und vollkommen dazuzugehören zur Gemeinschaft der Handwerker, Bauern Händler und Schankwirte. Vor allem dann nicht, wenn die Geschichten über den unheimlichen Morgenwald erzählt werden, wo der Legende nach ein Mädchen in ihren Träumen gefangen an das Herz einer schwarzen Eiche gebunden ist und nun den Wald mit den Schreckensvisionen ihrer Träume verseucht und verflucht. Für die Menschen von Grünweite ist der Morgenwald unheimlich, voller Schrecken, eine einzige Bedrohung, von der Gefahr ausgeht – doch Lilah fühlt sich wie magisch angezogen von diesem Wald, ohne zu wissen, warum. Damit ist sie nicht allein: auch der Erntehelfer Dorean, der immer wieder im Dorf auftaucht, um dort zu arbeiten, und dann von einem auf den anderen Tag wieder verschwindet, spürt eine eigenartige Verbundenheit zum Morgenwald. Und eines Tages verschwindet er dort hin, hinterlässt Lilah, die ihn heimlich liebt, nur eine kryptische Nachricht. Und Lilah, verwundert über ihren eigenen Mut, lässt alles stehen und liegen und will ihrem Geliebten folgen in das dunkle Grün, das zugleich so einladend und so bedrohlich wirkt.
Was hat es auf sich mit der toten jungen Frau mit sen seltsamen Malen auf der Haut, auf die Lilah auf dem Weg in den Wald stößt? Und welche Geheimnisse erwarten sie, wenn sie es wirklich wagt, den Wald zu betreten?

In poetischer und zugleich moderner, mitreißender Sprache erzählt Katharina Seck eine Geschichte vom Sich-selbst-finden, vom Nach hause kommen und von Gegensätzen, die aufeinanderprallen wie Tag und Nacht. Sie webt ihre Leser ein in die Geheimnisse des dunklen Waldes, dessen mysteriöse Bewohner die Menschen draußen in den Dörfern ebenso fürchten, wie die Menschen in den Dörfern sich vor den Waldwesen ängstigen. Und am Ende zwingt Katharina Seck uns, ihre Leser, Lilah bei der Lösung der schwersten aller Fragen zu begleiten: was ist wichtiger, das Wohl von vielen oder das Wohl Einzelner? Wie kann es gelingen, Mauern aus Angst vor dem „Anderen“ einzureißen? Und am Ende erfahren wir, was ein Mensch, der mutig genug ist, bewegen kann, indem er erst sich selbst bewegt und dann andere dazu bringt, zu vertrauen und zu folgen. Und wir lernen, welche Geheimnisse und welche Schönheit sich im Fremden, das so gefürchtet anders erscheint, verbergen kann, wenn man nur bereit ist, Grenzen von Vorurteilen und Hörensagen zu überwinden und ganz genau hinzuschauen.

Ein märchenhaftes, wunderbares Buch mit einer hoch aktuellen Botschaft. Absolut lesenswert.

Helen B. Kraft: Geheimnisse der Macht

Mit „Geheimnisse der Macht“ bringt Helen B. Kraft ihre Reihe „Erbe der sieben Wüsten“ zu einem gelungenen Abschluss. Im letzten Band der „Bestien“-Reihe spielt Lorin die Hauptrolle, Oberhaupt der Morrow-Hexen und mit den Bestien auf geradezu katastrophale Weise verbunden. Denn Lorin ist der Sohn der Hexe, die einst von Cruth getötet wurde – woraufhin Cruth als Verbannter zwischen den Welten landete und Lorin und seine Schwester Tezza nicht mehr altern konnten und als hoch magisch begabte Kinder weiter existierten.
Inzwischen ist Cruth wieder frei, der Fluch, der Auf Lorin lag, gebrochen, so dass er als erwachsener Mann leben kann. Doch das ist gar nicht so einfach, denn sein Körper mag der eines Erwachsenen sein, sein Innenleben doch oft noch das eines pubertierenden Teenagers, was Lorin in so manche unangenehme Situation bringt.
Und dann ist da auch noch Dia, die junge Bestienfrau, die gegen ihre ganz eigenen Dämonen zu kämpfen versucht und dabei die Hilfe einer Hexe braucht. Und diese Hexe ist Lorin. Auf beiden Seiten ist sofort das Begehren da, und Dia ist sich sicher: Lorin ist der Mann, den ihre Bestie will. Doch kann eine Liebe, die gebeutelt und auf die Probe gestellt wird von dunklen Geheimnissen und finsteren Zaubern, von inneren wie äußeren Dämonen, eine Zukunft haben?

Helen B. Kraft bringt mit „Geheimnisse der Macht“ die Bestienreihe zu einem fulminanten und für den Leser höchst zufriedenstellenden Abschluss. Alle aus den Vorgängerbänden noch offenen Fragen werden geklärt, alle losen Fäden finden ihren Gegenpart und bilden so ein gut durchdachtes Geschichtengewebe mit einem alle Bände der Reihe übergreifenden Spannungsbogen. Dazu sorgen Helen B. Krafts bekannt humoriger Schreibstil und ihre knisternden Erotikszenen wie immer für ein Lesevergnügen der ganz besonderen Art.

Ich hatte mit der Bestienreihe sehr viel Spaß und kann sie allen empfehlen, die nach nur einem Band einer Geschichte noch nicht genug haben und noch ein wenig länger in der Welt der Bestien verweilen wollen.
Auch sehr zu empfehlen sind die die Reihe wunderbar ergänzenden Kurzgeschichtenbände Zwischen Verrat und Hoffnung und Die Hoffnung ist stärker, in denen weitere Fäden aus den Bestien-Romanen weitergesponnen werden. Wer Spaß an den Bestien hatte, sollte sich diese spannenden Kurzgeschichtenhappen nicht entgehen lassen!

 

 

Kati Seck: Sie Stille zwischen Himmel und Meer

Selten habe ich auf das Erscheinen eines Buches so sehr gewartet wie bei diesem. Ich gehörte zu einem kleinen Kreis von Testlesern, die die erste Hälfte des Buches, das damals noch unter dem Arbeitstitel „Edda“ gehandelt wurde, lesen durfte. Und ich war sofort verliebt. Verliebt in diese Liebe zum Meer, die Kati Secks Roman in jeder Zeile atmet, verliebt, weil ich selbst das Meer so liebe und verstehen konnte, warum es sowohl die Protagonistin Edda als auch die Autorin Kati Seck immer wieder anzieht.
Als Edda – bzw. „Die Stille zwischen Himmel und Meer“ dann endlich den Buchmarkt eroberte, dauerte es dann doch noch ein Weilchen, bis ich zum lesen kam, und dann dauerte es noch einmal ein Weilchen, bis ich es ausgelesen hatte – denn dieser Roman ist keiner, den man mal eben schnell zwischendurch liest. Dieses Buch braucht Zeit, genau wie Edda, denn sonst kann es seinen zarten Zauber nicht weben.

Zum Roman: Im Spätsommer, fast schon Herbst, kommt Edda an die Nordsee, um dort ganz besondere Ferien zu machen. Denn Edda ist keine einfache Touristin. Sie fürchtet die Weite des Himmels und des Meeres, und die Freiheit eines fliegenden Vogels erschreckt sie. Edda ist ans Meer gekommen, um sich ihren Ängsten zu stellen, um ihnen eines Tages ins Gesicht lachen zu können. Doch erst muss sie lernen, die Stille zwischen Himmel und Meer zu ertragen, die Weite und das Freisein. Und dann ist da noch Sebastian, der in Eddas Leben und ihren sorgsam geplanten Urlaub platzt, weil das Ferienhaus, in dem Edda untergekommen ist, versehentlich doppelt vermietet wurde. Edda lernt schnell, dass auch Sebastian ein Gefangener seiner Vergangenheit ist und ebenfalls eine tiefe seelische Wunde mit sich herumträgt. Behutsam kommen beide einander näher – und sind sich doch immer fern.

„Die Stille zwischen Himmel und Meer“ ist ein Buch, das mich berührt, denn ich finde mich in der Widmung wieder. Kati Seck hat ihren Roman für die geschrieben, die manchmal verloren gehen. Verloren in der Welt, in ihrer Vergangenheit, in ihren Ängsten, Sorgen und Nöten. Eddas Geschichte ist kein Patentrezept dafür, wie man es schafft, nicht verloren zu gehen. Aber sie zeigt, wie man sich wiederfinden kann, ohne zu zerbrechen. Und wie man am Ende seinen Ängsten ins Gesicht lachen kann.