Stöckchen: Die Stellenanzeige

Die wunderbare Tanja Rast hat mir ein Stöckchen zugeworfen, in dem es um das „Lieblingstier“ des Autoren geht: um seine Heldinnen und Helden, Hauptfiguren und Protagonistinnen. Wir kommt eigentlich der Held zum Job?

Ich möchte mal wieder ein Stöckchen in die Runde werfen. Dieses Mal ein eigenes. Ich weiß auch schon, wer mein erstes Stöckchen-Opfer werden wird. Doch dazu mehr am Ende des Beitrags.

Mein Stöckchen hat zwei Teile. Wir stellen uns vor, es gäbe eine Arbeitsvermittlungsagentur für Helden, die sich auf Stellenanzeigen im agentureigenen Blatt „Mein Autor und ich“ bewerben können. Wir nehmen uns also einen aktuellen oder in Planung befindlichen Roman und schreiben die Rolle des Protagonisten aus. Wer auf eine Anzeige Erfolg ernten will, sollte tunlichst die negativen Aspekte des Jobs verschweigen.

Für meinen im Machandel-Verlag erschienenen Roman „Nachtjägerherz“ brauchte ich eine weibliche Hauptrolle:

Mysteriös und geheimnisvoll: Wir suchen Dich!
Für die weibliche Hauptrolle in einem abenteuerlichen Liebesroman suchen wir eine Heldin, die Männerherzen verzaubert und Frauen neidvoll aufseufzen lässt.
Du bist naturverbunden und abenteuerlustig, kannst dir nichts Bessers vorstellen, als dauerhaft im Duschungelcamp zu leben und deine Hütte mit Krabbeltieren jeder Art zu teilen, verfügst über magische Kräfte, idealerweise Heilerfähigkeiten und Gestaltwandeln, und kannst Blut sehen, ohne dich zu übergeben oder kreischend davonzulaufen?
Du legst dich gern mal mit deinem Vorgesetzten an, lässt dir nichts sagen, bist selbstbewusst und klug?
Du magst Tiere und bist vielleicht sogar tief in deinem Herzen selbst eins?
Du bist neugierig genug, um Grenzen zu überwinden, mit denen du aufgewachsen bist, du hast Mut und Kampfgeist?
Du bist bereit, unter Umständen auch einmal nackt vor die Kamera zu treten?
Dann bist du richtig. Bewirb dich jetzt auf die weibliche Hauptrolle in unserer Produktion „Nachtjägerherz“.
Bei gleicher Qualifikation und um Kosten für die Special Effects zu vermeiden, werden Gestaltwandlerinnen bevorzugt.
Bitte nur ernstgemeinte Zuschriften unter der Chiffre „Nachtjägerherz-ATA“.

Teil 2:
Der zweite Teil des Stöckchens umfaßt ein Interview mit dem Helden, nachdem er sich auf die Stellenanzeige gemeldet und den Job bekommen hat. Ist es ein Werk, das schon in Arbeit ist, führt das Gespräch die Seelsorgeabteilung der Agentur. Sind die ersten Worte noch nicht geschrieben, kann das Interview als Einstellungsgespräch geführt werden. Drei bis fünf Fragen, die der Held so wahrheitsgemäß wie möglich beantworten muß, genügen. Daß er bei der Beantwortung durchaus ins Schwitzen und Verzweifeln kommen darf, ist selbstverständlich. Wie haben seine Hoffnungen sich erfüllt? Warum meint er, besonders gut auf die Anforderungen im Stellenprofil reagieren zu können? Was denkt er über seine Autorin/seinen Autor? Und würde er sich noch einmal bewerben?

Schnipsel: „Das Katzenhaus“ („Tessa, reloaded“)- Prolog

Dieses Buch gibt es eigentlich schon. Allerdings ist es nie wirklich Fisch und nie wirklich Fleisch gewesen – zu wenig mystisch für Mystery, zu wenig romantisch für Romance, zu wenig Fantasy für Urban Fantasy. Und da solchen Projekten neu schreiben guttut und es bei gravierenden Änderungen erfahrungsgemäß weniger Arbeit macht, von vorn anzufangen statt zu überarbeiten, wird es Tessa jetzt in einer ganz anderen Form noch einmal geben – als urban-fantasy-Märchen für romantische Crazy Cat-Ladies.

Prolog

Eine Katze kann das Heimkommen in ein leeres Haus in ein
„nach Hause kommen“ verwandeln.
(Pam Brown)

Alles ist eins. Nichts endet einfach so. Immer wieder schließen sich Kreise. Das Leben hat keinen Anfang und kein Ende. Das Leben geht weiter. Es mag vielleicht einen Augenblick innehalten, doch irgendwann beginnt der Kreislauf wieder von neuem und dann geht auch das Leben weiter. Und so findet Verlorenes immer wieder den Weg zurück zu denen, die vermissen.

Er wusste es tief in sich. Alles war eins, und irgendwann schloss sich jeder Kreis. Alle seiner Art wussten um den Kreislauf des Lebens und seine Geheimnisse. Leben war nicht gleich Leben. Er erinnerte sich an das Leben, in dem er einen Körper besessen und Hunger und Durst verspürt hatte, und er erinnerte sich daran, welche Aufgabe er damals gehabt hatte. Jetzt lebte er ein anderes Leben, sein Körper war fort, Schmerz und Leid waren verschwunden, Verlangen und Begierden fort, aber seine Form war noch immer da. Er erinnerte sich, dass dieser Körper ein schöner Körper gewesen war, geschmeidig, kraftvoll und elegant. Er war bewundert worden, er war geliebt worden wegen seiner Schönheit, seiner Anschmiegsamkeit, seiner Treue.
Und genau diese Treue war es, die ihn an diesen Ort und in diese Form zurückgetrieben hatte. Witternd hob er den Kopf und prüfte den Wind, der durch die Erinnerung seiner Schnurrhaare und seines langen, dichten weißen Pelzes strich. Er war zurück. Unter den Pfoten konnte er den Weg fühlen, die kleinen runden Kiesel, das Moos, die Grasbüschel zwischen den Steinen. Der Geruch hatte sich kaum verändert. Wie jeden Spätsommer hing der Duft nach reifen Äpfeln in der Luft, die Süße der Astern und Dahlien, eine Ahnung von Kastanien, die bald von den Bäumen fallen würden. Er hatte Kastanien immer gemocht, sie rollten über den Boden und er konnte sie jagen.
Das Haus hatte sich verändert, natürlich hatte es das. Es war alt geworden, es gab keine Menschen mehr, die darin lebten. Die Tür war verschlossen, die bunten Scheiben blind und voller Sprünge, auf der Treppe und der Terrasse vor dem Eingang wuchsen Flechten und Moos. Er trat auf die glatten braunen Fliesen, die im Sommer immer so warm gewesen waren. Jetzt lag feuchtkalter Abendtau über ihnen.

Er setzte sich und sah sich um. Er war der erste, aber er wusste, die anderen würden kommen. Der Schwarze und die Gestromte. Worte fielen ihm ein, Worte, mit denen er und die anderen gemeint gewesen waren. Voller Liebe waren sie ausgesprochen worden von einer sanften warmen Stimme, begleitet von zärtlichen Berührungen.
Winter.
Sie hatte ihn Winter genannt, weil sein Fell so weiß wie frisch gefallener Schnee war, den Schwarzen Nacht und die Gestromte Zwielicht. Sie hatten jedes Wort verstanden, das sie zu ihnen gesagt hatte, denn sie hatte eine Gabe genutzt, die alle Menschen in sich tragen, aber derer sich nur wenige bewusst sind. Sie hatte die Gabe erkannt und benutzt und darum waren sie Freunde geworden: Winter, Zwielicht und Schatten und die Frau, die den Tieren half.
Winter spitzte die Ohren, als die anderen aus den Büschen traten und sich zu ihm gesellten, Schatten an der einen, Nebel an der anderen Seite. Ihre Gedanken berührten einander. Jeder von ihnen wusste, warum sie gekommen waren.
Sie wird bald kommen. Winter war sich sicher, er konnte es fühlen in allem, was ihn umgab.
Sie wird kommen, aber sie wird blind sein. Nebel trat unentschlossen von einer Pfote auf die Andere. Ihre geringelte Schwanzspitze zuckte.
Wir sind nicht allein. Ich habe jemanden gefunden. Sie wird uns helfen. Sie hat bereits zugestimmt. Nachts gelbe Augen richteten sich auf etwas, das sich in der Dunkelheit bewegte. Winter und Nebel folgten seinem Blick. Aus der Dunkelheit trat eine Gestalt, schmal und zerbrechlich, ihre kleinen Pfoten verursachten kaum einen Laut auf den ersten gefallenen Blättern. Langsam, leicht geduckt und vorsichtig kam sie näher, ihre Schnurrhaare weit aufgefächert. Es irritierte sie sichtlich, dass sie Ihresgleichen sah und doch weder Geruch noch Geräusch wahrnahm. Winter sah, dass sie alt war. Um die Schnauze herum wurde ihr Fell grau, sie bewegte sich, als würden ihre Gelenke sie schmerzen und doch strahlte sie eine Würde aus, wie sie den ganz Alten ihrer Art zu Eigen ist. Grün leuchteten ihre Augen in der Dämmerung. In ihrer Jugend musste sie eine Schönheit gewesen sein, noch jetzt war Anmut in jedem ihrer behutsamen Schritte und ihr kurzes, glattes Fell zeigte noch immer Glanz. Ihre großen Ohren richteten sich auf.
Ich wurde gerufen. Und ich bin bereit. Ich weiß, was ich zu tun habe und ich weiß, woran ich sie erkenne. Ihr habt mich zur Botin gemacht und ich werde eure Botin sein, damit ein Kreis sich schließt und alte Wunden heilen können.
Die Alte näherte sich Winter und streckte ihre Nase der seinen entgegen. Er ahnte ihre Berührung mehr, als dass er sie fühlte, aber er wusste, als er die Alte spürte, dass Nacht eine gute Wahl getroffen hatte. In ihr war eine Krankheit. Sie verbarg es gut, aber Winter wusste, als sie ihm nahe war, dass ihre Zeit in diesem Körper nur noch kurz war. Nacheinander tauschte die Alte mit jedem der drei Schatten die Nasenberührung, dann wandte sie sich ab und schritt die Kastanienallee zur Hauptstraße hinunter, so sicher im Dunkeln und so leise, wie es nur eine Katze vermochte.

Rückblick und Ausblick mit Kater

kater_klein Der letzte Tag des Jahres 2013 – Zeit für ein kleines Resümee.
2013 war ein durchwachsenes Jahr, Erfolg und Misserfolg hielten sich die Waage; und es war ein Jahr der Veränderungen.
Der Kater, seine Kumpels und wir Menschen wechselten unseren Standort, der Umzug war schon lange fällig und die letzte Mieterhöhung gab dann den Ausschlag: raus aus der alten Bude, ab in eine neue. Näher am Arbeitsplatz, schimmelfrei, günstig gelegen, leider ein Zimmer zu wenig, aber Kater, Freunde und Menschen arrangierten sich. Wieder ein Jahr ohne Mittelalter – schade, aber es ließ sich nicht ändern, Zeit und monetäre Verhältnisse waren gegen uns.

Erfolgreich: das Schreiben. 2013 erblicke das „Nachtjägerherz“ beim Machandelverlag das Licht der Welt, eine Fortsetzung und weitere Kooperationen sind geplant. Die Kurzgeschichte „Jahrestag“ schaffte den Sprung in die Torsten-Low-Anthologie „Krieger“. Im NaNoWriMo entstand die Neufassung eines bereits 2012 abgeschlossenen erotic-Fantasy-Romans, der durch das Neuschreiben nur gewinnen konnte. Fazit eines Jahres ohne Kampfschreiben im Tintenzirkel: diese Autorin ist eine faule Socke, die nur dann etwas auf die Reihe bekommt, wenn ein allegorischer Jemand mit Pistole hinter ihr steht, Realität geworden in Form des Tintenzirkel-Wörterzähltabellendokuments, in das im kommenden Jahr das Jahresziel 250.000 eingetragen wird. 250.000 Wörter in einem Jahr, fünf NaNoWriMos verteilt auf nur einen einzigen NaNoWriMo und viele ruhigere Schreibmonate. Zeit, angestaubte Unfertigkeiten aus der Mottenkiste zu kramen und end-losen Romanen zu einem tosenden Finale zu verhelfen oder brachliegende Plotideen weiter zu beackern und so lange zu düngen, bis die Ideen schlüpfen.

Der philosophische Herr Kater wird im nächsten Jahr deutlich mehr Platz in diesem Blog bekommen. Aus unserem Leben ist er nicht mehr wegzudenken, ebensowenig seine kätzischen Freunde. Frei nach Loriot: Ein Leben ohne Katzen ist möglich, aber sinnlos.

Noch ein Wort des Katertieres:
Menschen, euch erwartet eine phantastische Nacht. Habt ihr das schon einmal erlebt, Neumond und Neujahr, die in einer einzigen Nacht zusammenfallen? Neumond und Neujahr – alle Zeichen stehen auf Veränderung. Ergreift diese Möglichkeit. Wir Katzen kennen den Mond, unsere Schnurrhaare zittern vor Erwartung und die Zukunft knistert in unserem Fell. Erwartungsvoll strecken wir unsere Rücken, graben die Krallen noch einmal fest in das alte Jahr, und dann springen wir, wach und mit offenen Augen, voller Vorfreude auf das viele Neue, das uns erwartet, hinein in das Jahr 2014. Genießt die Augenblicke, die vielen kleinen schönen Momente, an denen ihr schnellen Menschen oft so hastig vorbeilebt. Mein Mensch hat sich für das neue Jahr eine Idee gemopst, die vor ihr schon einmal jemand hatte – sie ist so genial, dass es eigentlich nur die Idee einer Katze gewesen sein kann. Mein Mensch will diese schönen kleinen Momente sammeln und für die Ewigkeit bewahren – notiert auf Zettelchen, vielleicht nur ein Satz, ein Wort, ein schnell hinskizziertes Bild, ein Foto, und das alles konserviert in einem Glas. Dieses Glas wird das Jahr über nicht angerührt, nur, um weitere Zettel hineinzulegen. Erst in der Silvesternacht 2014 auf 2015 wird das Glas geöffnet – ein Glas voller wunderbarer Momente, ein Glas voller Erinnerungen. Ich bin mir sicher, dass ganz viele dieser Erinnerungen mit Freunden zu tun haben werden, mit wunderbaren Menschen, die das Jahr über an uns gedacht haben, die da waren, die geholfen haben, die sich mit uns gefreut und mit uns geweint haben.
Wäre so ein Glas nicht auch etwas für eure Fensterbank?

Alles Gute für das neue Jahr – ad astra!
Eure
Tina & Kater